Projekt PlasticWorms − biologischer Abbau von Mikroplastik

PlasticWorms: Entwicklung eines Biorieselbettreaktors (5 m³) mit mikroplastikabbauenden Mikroorganismen und Würmern durch Auslegung des Biofilms auf eine Dicke von 1-6 mm zum Abbau von 99 % der Mikroplastikpartikel bis 1 µm (Plastic Worms)

Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines innovativen Biorieselbettreaktors (5 m3) zum Abbau von Mikroplastik in Kläranlagen. Dazu wird eine Wachstumsumgebung für die neuartige depolymerisierende Biozönose aus mikroplastikabbauenden Mikroorganismen und Würmern erforscht. Die optimale Biofilmdicke (1-6 mm) wird für ein optimales Verhältnis aus Würmern und Mikroorganismen entwickelt. Basierend auf der Entwicklung dynamischer Simulationen in Simba# kann durch kinetische und reaktionskinetische Abbauvorgänge eine Reaktorgeometrie entwickelt werden, die durch den natürlichen Kamineffekt belüftet wird. Durch die Entwicklung von Dosier- und Verteilstellen lässt sich innerhalb des Reaktors eine effiziente Verteilung des Abwassers erzielen, sodass Biofilm und Füllsubstrate mit mikroplastikhaltigem Wasser berieselt werden. Die Entwicklung der Messtechnik ermöglicht es somit, den Abbau von Biofilm und Würmern in Echtzeit präzise zu bewerten. Durch den Abbau von mehr als 99 % des Mikroplastiks sollen sich die Filterkuchen erstmals auch als Tierfutter oder Düngemittel eignen. Der Biorieselbettreaktor lässt sich als neuartige vierte Reinigungsstufe in den 10.000 Kläranlagen Deutschlands implementieren.

Hintergrund und Voruntersuchungen

Würmer beherbergen natürlicherweise ein großes Spektrum an Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt, die den biologischen Abbau von herkömmlichen Nährstoffen oder synthetischen Polymeren ermöglichen. Insofern findet bereits ohne einen gezielten menschlichen Eingriff eine Kokultivierung statt. Außerdem können Bakterienstämme, die im Mikrobiom der Würmer vorkommen und nachweislich für den Abbau von synthetischen Polymeren verantwortlich sind, durch Selektionsexperimente isoliert werden. In der Literatur wird beispielsweise ein Verfahren beschrieben, mit dem die Spezies Enterobacter asburiae YT1 und Bacillus sp. YP1 aus dem Darm von Wachsmottenlarven gewonnen werden können. Die genannten Stämme sind in der Lage, Polyethylen zu verstoffwechseln und bilden auf der Polymeroberfläche einen Biofilm. Auch aus dem Verdauungstrakt von Mehlwürmern lassen sich Bakterien isolieren, die mit Polystyrol einen wesentlichen Bestandteil von Mikroplastik abbauen. Der Stamm Exiguobacterium sp. YT2 bildet ebenfalls einen Biofilm auf der Kunststoffoberfläche. Die publizierten Daten legen nahe, dass sich die Mikroorganismen aus dem Darm der Würmer auch in einem Biorieselbettreaktor kultivieren lassen, da dieser ein Trägermaterial enthält, das als Oberfläche für die Adhäsion der Zellen und eine nachfolgende Biofilmbildung geeignet ist. Somit sollte auch dort ein signifikanter Abbau der synthetischen Polymere durch die immobilisierten Mikroorganismen erfolgen.

Ein Vorteil der Kokultivierung von Würmern und Mikroorganismen ist außerdem die Auflockerung der kompakten Matrixstruktur des Biofilms. Durch die Fortbewegung der Würmer innerhalb des Biofilms entstehen Hohlräume, welche das engmaschige Netzwerk aus extrazellulären polymeren Substanzen und immobilisierten Zellen durchdringen. Dies führt zu einer erhöhten Verfügbarkeit von Sauerstoff für Mikroorganismen, die sich in tieferen Schichten befinden, sodass dort eine Förderung aerober Stoffwechselvorgänge stattfindet. Außerdem werden beispielsweise durch bakteriophage Nematoden im Rahmen der Verdauung Aminosäuren und Ammonium freigesetzt, die wiederum den Mikroorganismen im Biofilm als Nährstoffe dienen können.

Fadenwürmer können zudem als alternative Maßnahme zur Verhinderung der Verblockung (Clogging) von Biorieselbettreaktoren eingesetzt werden. Diese Anwendung beruht ebenfalls auf der beschriebenen Auflockerung des Biofilms durch Bewegung und Nahrungsaufnahme seitens der Nematoden. Infolgedessen wird die Akkumulation von Biomasse auf den Füllkörpern reduziert und so das Risiko einer Verstopfung des freien Strömungsquerschnitts minimiert. In einem Biorieselbettreaktor zum Abbau von Chlorbenzolen konnte beispielsweise durch Einsatz der Fadenwurmspezies Diplogaster nudicapitatus die Biomassenakkumulationsrate um rund 50 % gesenkt werden.

Auch im Rahmen von eigenen Untersuchungen wurden mehrfach Nematoden in Biofilmen beobachtet, die zu einer Auflockerung der kompakten Biofilmstruktur führten. Abb. 1 zeigt eine Mikroskopaufnahme des kultivierten Biofilms zusammen mit einer Nematode, die sich durch das filamentöse Netzwerk bewegt. Die Fadenwürmer wurden dabei nicht gezielt in das System eingebracht, sondern stammen aus der Probe, die zur Inokulation aus einem industriellen Biorieselbettreaktor entnommen wurde.

Abb. 1: Biofilm mit Nematode

Neben Nematoden sind im industriellen Biorieselbettreaktor, der im Rahmen des Forschungsprojekts begleitet wurde, außerdem Larven von Fruchtfliegen aufgetreten, die sich unterhalb des Biofilms befanden (siehe Abb. 2a und 2b). Da der Reaktor nicht hermetisch abgeriegelt ist, können Fliegen hineingelangen und den nährstoffreichen Biofilm für die Eiablage nutzen, sodass sich innerhalb weniger Tage die in Abb. 2 sichtbaren Larven entwickeln.

Basierend auf diesen Erkenntnissen durch die Voruntersuchungen ist davon auszugehen, dass die Würmer zusammen mit biofilmbildenden Mikroorganismen in einem Biorieselbettreaktor kultiviert werden können, um synthetische Polymere abzubauen. Für die Realisierung der Kokultivierung wird im Rahmen des Projektes „PlasticWorms“ eine geeignete Biozönose aus Würmern und Mikroorganismen entwickelt. Mithilfe von mikrobiellen Kultivierungsversuchen werden die Wachstumsbedingungen für beide Populationsgruppen erforscht, um optimale Voraussetzungen für den Abbau der synthetischen Polymere zu gewährleisten.

Abb. 2a: Biofilm im Biorieselbettreaktor
Abb. 2b: Larven unter dem Biofilm im Biorieselbettreaktor

Methodik und Vorgehensweise

Aufgrund der dynamischen Wechselwirkung zwischen den beiden Populationsgruppen ist anzunehmen, dass sich das Biofilm-Wurm-Verhältnis größtenteils selbst reguliert (vgl. Abb. 3). Die Würmer ernähren sich von Biofilm und vermehren sich. Durch die steigende Wurmpopulation sinkt die Menge an Biofilm und somit an Nahrung, was wiederum zu einer Reduzierung des Wurmbestands führt. Die abgestorbenen Würmer werden von den Mikroorganismen im Biofilm als Nahrungsquelle verwendet und sorgen so für eine Biofilmzunahme.

Abb. 3: Angestrebter selbstregulierender Prozess für ein ausgeglichenes Biofilm-Wurm-Verhältnis

Die ausreichende Haftung der Mikroorganismen auf den Füllkörpern wird wesentlich durch die Oberfläche der Füllkörper beeinflusst. Daher werden in einem Arbeitspaket geeignete Materialien erforscht (z. B. Zeolithe, Hackschnitzel oder Lavagestein) und in einem anderen Arbeitspaket bezüglich der Adhäsion des Biofilms untersucht. Je rauer die Oberfläche der Füllkörper ist, desto besser haftet der Biofilm darauf. Die optimale Schichtdicke soll noch erforscht werden, wird aber zwischen 1 mm und 6 mm liegen. Wird dieser Bereich überschritten, so kommt es zu einer Verblockung und die benötigten Nährstoffe können nicht mehr durch den Biofilm strömen. Bei einer zu hohen Schichtdicke kann diese durch Spülvorgänge verringert werden. Ist die Füllkörperoberfläche zu glatt, so bildet sich eine zu dünne Biofilmschicht, welche für die Würmer keine ausreichende Nahrungsquelle bietet.

Außerdem wird eine ausreichende Haftung durch extrazelluläre polymere Substanzen (EPS) garantiert, die von den Mikroorganismen nach der primären Adhäsion produziert werden. Die Sekretion von EPS ermöglicht den Zellen, sich permanent an Oberflächen anzulagern und somit auch hydrodynamische Belastungen infolge der Abwasserströmung bis zu einem gewissen Grad zu überstehen. Da sich die Würmer von den EPS und den immobilisierten Zellen im Biofilm ernähren, ist davon auszugehen, dass die Haftung in diesem Fall durch die filamentöse Matrixstruktur des Biofilms gewährleistet wird. Erfahrungsgemäß bilden sich beim Einsatz von Nematoden (Fadenwürmer) beispielsweise Kanäle innerhalb des Biofilms, sodass ein Großteil der Individuen innerhalb des Biofilms vorliegt und so vor einem Abtransport durch die Strömung geschützt wird.

Sollte die natürliche Selbstregulierung nicht ausreichen, kann der Wurmbestand durch kontrollierte Spülvorgänge reduziert werden. Der Biofilm haftet an den Füllkörpern ausreichend fest, um nicht abgetragen zu werden. Somit werden lediglich die Würmer von der Oberfläche des Biofilms entfernt. Um eine Aufkonzentrierung der Würmer in der Zirkulationsflüssigkeit zu vermeiden, sollte zudem eine regelmäßige Abtrennung der Organismen aus der flüssigen Phase durchgeführt werden. Dies kann beispielsweise durch Implementierung eines Filters erfolgen. Da Spülung und Filtration verfahrensübliche Prozessschritte darstellen, kann der Kunde diese Regulierung problemlos selbst vornehmen. Die HSWT erforscht das optimale Biofilm-Wurm-Verhältnis und kann für den Kunden Grenzwerte definieren, ab welchen eine Spülung bzw. Filtration erforderlich ist. Beispielsweise könnte eine bestimmte Populationsdichte für die Würmer in einer Probe (Biofilm bzw. Zirkulationsflüssigkeit) festgelegt werden, die sich kundenseitig durch Sichtprüfung ermitteln lässt.

Sollten Würmer zum Einsatz kommen, die sich nicht durch einen Spülvorgang entfernen lassen, bietet sich der Einsatz eines Anthelminthikums an, um den Bestand der Population zu reduzieren. Das Anthelminthikum kann von potenziellen Kunden erworben und bei Bedarf hinzudosiert werden, um die Anzahl der Würmer gezielt zu verringern und dadurch die Biomassenverteilung auf den Füllkörpern zu steuern. Dieses Vorgehen ist für Biorieselbettreaktoren bereits publiziert. So konnte in einem Reaktor zum Abbau von Chlorbenzolen durch Einsatz der Fadenwurmspezies Diplogaster nudicapitatus die Biomassenakkumulationsrate um rund 50 % reduziert werden. Nach Einsatz des Anthelminthikums Ivermectin verdoppelte sich die Produktion von Biomasse dagegen nahezu.

Die Ausgewogenheit des Biofilm-Wurm-Verhältnisses lässt sich je nach Größe der Würmer mit bloßem Auge oder mithilfe eines Mikroskops bewerten, indem regelmäßig Proben aus dem Biorieselbettreaktor optisch analysiert werden. Eine zusätzlich entwickelte spektrale Auswerteinheit mithilfe von Kameras im VIS/NIR dient der Detektion der Biofilmdichte an den Füllkörpern innerhalb des Reaktors. Die Analysen lassen Rückschlüsse auf den Lebend- und Totbestand im System zu. Ziel ist es, daraus zusätzlich das Wurm-Biofilm Verhältnis auszulesen.

Kontakt:
ZWT Wasser- und Abwassertechnik GmbH
Markus Mostegel
Projektleiter Vertrieb / Verfahrenstechnik
Telefon: +49 921 7 92 25 – 18
E-Mail: m.mostegel@zwt.de

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