Große Exkursion
Das Kompetenznetzwerk Wasser und Energie e.V. veranstaltet einmal jährlich eine große Exkursion für die Mitglieder des Vereins. Ziel ist es dabei, einerseits neue Anregungen für die eigene Arbeit und Einblicke in innovative Pilotprojekte zu gewinnen, andererseits aber auch den Austausch der Mitglieder untereinander und deren Vernetzung zu fördern. Diese Exkursionen sind in der Regel für Mitglieder des Kompetenznetzwerks kostenfrei. Nachdem in 2023 das Energie-Modellprojekt der Stadtwerke Wunsiedel (www.wunsiedel.de) besichtigt wurde, stand 2024 die Kläranlage in Weißenburg (www.weissenburg.de) im Mittelpunkt. Mit über 25 Teilnehmern stieß das Exkursionsangebot auf großes Interesse. Sowohl leitende Arbeitnehmer der Abwasserbetriebe als auch Techniker sowie Angestellte im Vertrieb verschiedener Mitgliedsunternehmen nahmen an dem Ausflug teil.
Kläranlage Weißenburg – 4. Reinigungsstufe
Die Kläranlage in Weißenburg besitzt bayernweit die einzige 4. Reinigungsstufe im Bereich der Abwasserreinigung als Modellprojekt. Im Mittelpunkt stehen anthropogene Spurenstoffe als gelöste Substanzen, z. B. Arzneimittel oder hormonell aktive Substanzen, die im Abwasser in sehr geringen Konzentrationen vorkommen und trotzdem eine Wirkung in der aquatischen Umwelt zeigen. Anthropogene Spurenstoffe können durch die konventionelle Abwasserreinigung nicht ausreichend eliminiert werden. Die Nachrüstung einer weiteren Reinigungsstufe – der 4. Reinigungsstufe – ist notwendig. Anthropogene Spurenstoffe im Abwasser sind ein noch nicht ausreichend erforschtes und in seiner langfristigen Auswirkung derzeit nicht sicher abschätzbares Umweltthema.
Mit dem Vorhaben „Pilotprojekt 4. Reinigungsstufe“ auf der Kläranlage Weißenburg ist die erste großtechnische Anlage zur Elimination von Spurenstoffen in Bayern errichtet worden. Koordiniert wird das Projekt durch das Bayerische Landesamt für Umwelt im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz.
Im Vorhaben werden die technische Machbarkeit, die finanziellen Auswirkungen und der Nutzen einer 4. Reinigungsstufe dokumentiert. Insbesondere soll gezeigt werden, in welchem Umfang Spurenstoffe durch eine 4. Reinigungsstufe reduziert werden können und wie sie sich auf die Gewässerqualität auswirken. Von den gewonnenen Erkenntnissen des Pilotvorhabens beim Betrieb der 4. Reinigungsstufe sollen v. a. die Betreiber anderer bayerischer Kläranlagen profitieren, die künftig ggf. Maßnahmen zur Spurenstoffreduktion umsetzen müssen.
Die Maßnahme wurde als Pilotprojekt des Freistaates Bayern durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz mit 75 % der Investitionskosten gefördert.
Verfahren
Die 4. Reinigungsstufe wird zwischen dem Ablauf der beiden Nachklärbecken und dem bestehenden Auslaufmessschacht der Kläranlage angeordnet. Sie besteht aus den Anlagenteilen Zulaufpumpwerk, Ozonierung und Nachbehandlung. Die geplante Verfahrens- und Prozesstechnik zur Entfernung von Spurenstoffen ist in einem neu errichteten Maschinengebäude mit Pumpenkeller untergebracht.
Verfahrenstechnisch liegt eine Ozonung mit zweistraßiger Filtration zugrunde. Das gereinigte Abwasser der beiden Nachklärbecken wird gesammelt und einem Ozonreaktor zugeführt. Dort wird das Abwasser mit Ozon über ein Eintragungssystem versetzt. Das Ozon wird mittels Sauerstoff und Generator vor Ort erzeugt. Bei der Ozonung des Abwassers im Reaktor entstehen Nebenprodukte, die sich nachteilig in der aquatischen Umwelt auswirken können, daher folgt der Ozonung eine Filtration. Die zweistraßige Filtration besteht aus je einem biologisch aktivierten Aktivkohlefilter (BAK) und einem Sandfilter. Mit der 4. Reinigungsstufe wird eine Reduktionsrate der Indikatorsubstanzen der anthropogenen Spurenstoffe von mindestens 80 % angestrebt und auch erreicht.
Um die Zielerreichung objektiv zu beurteilen und zu dokumentieren, wurde das Vorhaben wissenschaftlich und ingenieurtechnisch vom Bayerischen Landesamt für Umweltschutz sowie von der extern beauftragten wissenschaftlichen Begleitung, der Universität der Bundeswehr München (in den Jahren 2014 – 2019) und der Technischen Universität München (ab dem Jahr 2020), betreut. Weiterhin wurde ein umfangreiches Untersuchungsprogramm vor und nach der Implementierung des Projektes durchgeführt, um die Wirksamkeit der 4. Reinigungsstufe zu dokumentieren.
Resümee der Mitglieder
In einem mehrstündigen Rundgang erläuterte die Betriebsleitung die gesamte Abwasserbeseitigung mit Schwerpunkt auf der 4. Reinigungsstufe. Zahlreiche Fragen der Exkursionsteilnehmer wurden dabei ausführlich beantwortet. Die Teilnehmer zeigten sich rundum zufrieden mit der Auswahl des Exkursionszieles sowie dem Exkursionsablauf und waren erfreut über die praktischen Einblicke.
Kontakt
Stadt Weißenburg
Martina Hanke
Email: entwaesserung@weissenburg.de
Kompetenznetzwerk Wasser und Energie e.V.
Dr. Birgit Alburg
Email: birgit.alburg@wasser-energie.net